15/12/2014 Neue Luzerner Zeitung vom


Neue Luzerner Zeitung vom 15.12.2014

MEDIZIN Die Ärzte haben sich bisher gegen Bewertungen im Internet gewehrt. Jetzt überlegt sich der Dachverband, selbst ein Portal anzubieten. Die Basis verlangt dafür klare Kriterien.


Von der Dorfbeiz über das Fünfsternehotel bis zum Rotwein ? auf Internetseiten lässt sich allerhand bewerten. Entsprechende Portale über die Arbeit der Ärzte haben in der Schweiz im Gegensatz zu Deutschland oder den USA einen schweren Stand. Derzeit gibt es in der Schweiz zwei Portale. Das erste, okdoc.ch, wurde 2008 aufgeschaltet, stiess bei den Ärzten aber auf wenig Gegenliebe. Auf Intervention des eidgenössischen Datenschutzbeauftragten musste das Portal alle negativen Kommentare entfernen. Beim zweiten Portal, medicosearch.ch, sind zwar auch kritische Äusserungen möglich (siehe Box). Diese werden aber vorher dem betroffenen Arzt vorgelegt. Kein Wunder, handelt es sich doch zwischen Patient und Arzt um eine wesentlich vertraulichere Beziehung als zum Beispiel zwischen Gast und Wirt. Nun denkt ausgerechnet die Verbindung Schweizer Ärztinnen und Ärzte (FMH) über eine eigene Onlineplattform nach, wie das «St. Galler Tagblatt» berichtete. Ein konkretes Projekt liege zwar noch nicht vor, Diskussionen fänden allerdings statt.


«Plattform kann sinnvoll sein»


Die Ärzte in der Zentralschweiz sind einer FMH-Bewertungsplattform nicht grundsätzlich abgeneigt. Karin Julia Stadlin, Präsidentin der Ärztegesellschaft des Kantons Zug, sagt: «Eine solche Plattform kann sinnvoll sein. Allerdings sind solche Bewertungen auch sehr subjektiv.» Stadlin weiss aus eigener Erfahrung, dass positive Rückmeldungen eher persönlich mitgeteilt werden, Kritik hingegen äussern Patienten eher im Bekanntenkreis. «Sollten negative Rückmeldungen dereinst auf dem Portal die Mehrheit ausmachen, würde es das Bild der Ärzte sehr verzerren.» Darum braucht es möglichst objektive Kriterien, sagt Kurt Schreier, Präsident der Ärztegesellschaft des Kantons Schwyz, und nennt ein paar Beispiele: «Patienten könnten in verschiedenen Kategorien Punkte vergeben, etwa bei der Wartezeit und beim Empfang, oder dafür, wie gut Weiterverweise an Fachärzte geklappt haben.»